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Ich denke, also bin ich

von Simon Salzl aka TwinYawgmoth

Teil 1 - Tönerne Taufe

Kapitel 10: Ignoranz

Jetzt sind wir am Lager der roten Teufel. Der Weg war ereignislos, der Meister hat gestern ganze Arbeit geleistet, wie es scheint ... hier bleibt er ein wenig erstaunt stehen; von unserem Kampf ist nichts mehr zu sehen, Blut, Leichen und Waffen der Gefallenen, wie Akara die Teufel nannte, sind sämtlichst verschwunden.

»Woraus soll ich denn jetzt die Skelette machen? Ohne die hab ich doch keine Chance!«

Ich deute zuerst auf mich und dann auf Bischiboschs Leiche, die als einzige noch am Boden liegt.

»Oh! Anscheinend kann unser 'mächtiger Bischibosch' es sich abschminken, als kleiner Schmerz im Hintern wieder aufzustehen! Wie passend, dass Mister Ärgernis jetzt für mich kämpfen soll ... hehehe.«

Er hat nicht beachtet, dass ich ja auch zum Kämpfen da bin. Das finde ich sehr ... dumm von ihm. Es ist ja nicht so, als wären die Skelette seine einzige Chance, zu überleben. Ich bin stärker als sie! Warum übersieht er mich?

Derweil ist Bischiboschs Leiche verschwunden und ein neues Skelett steht vor dem gemein grinsenden Totenbeschwörer.

»Kaschya sagt, dass Blutrabe die toten Jägerinnen als Zombies wiederbelebt. Jetzt wollen wir mal sehen, wer sich darauf besser versteht.«

Er marschiert los, das Skelett neben ihm. Ich folge und fühle mich mies, weil er mich ignoriert. Ich bin doch mehr als ein lebloser Klumpen Erde, auch wenn ich so aussehe! Ein denkendes, fühlendes Wesen, wie er selbst!
Könnte ich doch nur sprechen und ihn auf diese Ungerechtigkeit aufmerksam machen! So bleibt mir nur, ihn durch Taten zu überzeugen. Heute Morgen hat er sich bei mir bedankt. Es war wohl eher instinktiv, aber ich kann zuversichtlich sein - irgendwann wird er erkennen, was er wirklich für eine Kreatur erschaffen hat!

Dann ragt das Tor des Friedhofs vor uns auf. Geschmiedetes Eisen, in Form uralter Schrifzeichen verschnörkelt, beginnt langsam zu rosten. Einer der Torflügel hängt nur noch an einer Angel.
Der Meister tritt ihn ein und setzt seinen Fuß auf das weiträumige Gelände des Friedhofs.
Ich bin erschüttert, wie wenig dem Meister dieses uralte Zeugnis herausragender Schmiedekunst bedeutet. Es ist .... schön. Seltsam, dass ich zu einer derartigen Empfindung fähig bin. Ich finde jede Sekunde mehr über mich heraus.

Ein Pfeil bohrt sich neben dem Meister in die zyklopische Mauer, mindestens um die Hälfte seiner Länge. Und das, obwohl er dabei das Skelett sauber aufgespießt hat.
Sofort beginnt meine Kampfpersönlichkeit zu arbeiten. Ohne nachzudenken, schiebe ich den Meister zur Seite und stelle mich vor ihn.
Ein weiterer Pfeil bleibt in meiner weichen Substanz stecken.
Warum habe ich das eben getan? War es nicht einfach dumm, mich der Gefahr auszusetzen? Ist der Meister meinen Tod wert? Warum kann ich nicht einfach nachdenken, bevor ich so lebenswichtige Entscheidungen treffe?
Vor uns bricht die Einzäunung zusammen, die den eigentlichen Friedhof umgibt. Horden wankender Untoter quellen hervor, die Szenerie ummalt vom grausamen Lachen der nicht mehr menschlichen Blutrabe.


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